Bei der Befragung (Anamnese) und den herkömmlichen Fragebögen beim Zahnarzt wird die Angst (Dentophobie) bislang eher vernachlässigt. Nur selten fragen Zahnärzte überhaupt nach dem Thema und die Erkennungsrate von Angstpatienten ist nicht sehr hoch. Viele Patienten versuchen zudem, sich nichts anmerken zu lassen und die Behandlung über sich ergehen zu lassen. Sie vermeiden es, die Zahnarztangst zuzugeben, oft aus Gründen der Scham. Andere wollen ihre zweifellos vorhandene Angst einfach nicht wahrhaben. Die Diagnose kann für den Zahnmediziner sehr schwierig sein.
Die Folge ist, dass Angstpatienten bereits Tage vor dem Behandlungstermin nervös werden und schließlich unter großer innerer Anspannung auf dem Behandlungsstuhl sitzen. Personen mit Zahnarztangst wirken auch im Wartezimmer oft unruhiger als die Patienten, die keine Angst haben. Weil sich Angstpatienten dann häufig doch irgendwie zusammenreißen, kann der Zahnarzt diese beiden Gruppen auf dem Behandlungsstuhl kaum unterscheiden. Ein Indiz für Zahnärzte, dass sie es mit einem Zahnarztangst-Patienten zu tun haben, können eine Reihe abgesagter oder nicht wahrgenommener Termine sein.
Doch selbst wenn Patienten anführen, dass sie starke Ängste vor der Behandlung haben, machen viele Zahnärzte den Fehler, dies als Lappalie abzutun. Das Praxispersonal geht oftmals nicht richtig auf die Aussage ein oder belächelt im schlimmsten Fall die verspürten Ängste des Patienten. In diesen Fällen kann ein erheblicher Vertrauensbruch geschehen, bei dem das ohnehin labile Verhältnis des Patienten zum Arzt komplett verlorengeht. Das bedeutet, dass Zahnärzte besser einmal mehr nachhaken sollten, als dass ein Dentalphobiker unerkannt bleibt.
Um eine ernsthafte Diagnose zu stellen, reichen unsichere Merkmale wie die äußerlich wahrnehmbare Unruhe des Patienten nicht aus. Genaugenommen müssten Messungen stattfinden, um konkrete Parameter zu bestimmen. Dazu gehören die Pulsfrequenz und die Schweißbildung sowie weiterhin auch Gehirnaktivitäten oder der Blutspiegel bestimmter Hormone, die bei Angst ausgeschüttet werden. In der Praxis sind solche Verfahren natürlich in aller Regel zu aufwändig.
Wirklich helfen können Fragebögen, auf denen die Angst aus der Sicht des Patienten erfasst wird. Auf den Fragebögen können Patienten ohne Druck und Zeitnot ihre Angaben machen. Die Gründe für eine mögliche Zahnarztangst können Patienten hier deutlich machen, so dass der Zahnarzt sich darauf gut einstellen kann. Doch auch das eingehende und einfühlsame direkte Gespräch zwischen dem Arzt und dem Patienten (die Anamnese) ist von großer Bedeutung. Der erfahrene Zahnarzt kann bereits mit einigen gezielten Fragen in Erfahrung bringen, ob der Patient große Angst hat oder nicht. Mit einer gewissen Feinfühligkeit durch den Zahnarzt und besserer Aufklärung kann den Patienten häufig schon ein großer Teil der Angst genommen werden. Auch wenn Patienten eine Phobie aufgrund einer traumatischen Erfahrung als Kind haben, können Zahnarzt und Praxispersonal mit viel Sensibilität der Angst entgegenwirken. Sonst schätzen viele Zahnärzte die Angstsituation bei Patienten völlig falsch ein und laufen Gefahr, sie nicht mit der erforderlichen Nachsicht zu behandeln.
Der Zahnarzt muss auch im Laufe der Behandlung empfänglich für die Signale sein, die auf eine starke Ängstlichkeit hinweisen. Betroffene befinden sich oft in gekrümmter Lage oder einer gewissen Abwehrhaltung auf dem Patientenstuhl und zappeln nervös mit den Armen und Beinen. Manchmal gibt ein starker Würgereiz oder sehr häufiges Schlucken einen Hinweis. Manchmal fällt ein starkes Schwitzen auf. Viele Patienten mit Angst wollen sehr oft ihren Mund zwischendurch ausspülen, um die Behandlung immer wieder auszusetzen. Wenn der Arzt diese Anzeichen bemerkt, kann er beim Patienten weiter nachforschen und die Behandlung der Angstproblematik anpassen.
Nicht immer hat die Verweigerung eines Zahnarztbesuches übrigens mit einer wirklichen Angst oder Phobie zu tun. Im Kindes- und Jugendalter handelt es sich manchmal stattdessen um eine Trotzreaktion. Und manchmal hindern Geldsorgen einen Patienten daran, den Zahnarzt aufzusuchen.
aktualisiert am 16.07.2014