Ein Zahnarztbesuch gehört bei den wenigsten Menschen zu den Lieblingsbeschäftigungen und ist oftmals mit Unbehagen verknüpft. Umso wichtiger ist es, die Hemmschwelle für den Patienten zu senken, indem man die Praxisräume einladend gestaltet. Die Ansprüche an die Gestaltung und einer guten Ausstattung einer Zahnarztpraxis sind – vor allem in den Städten – gestiegen. Längst ist ein stilvolles Praxisdesign zum Kriterium bei der Arztwahl geworden.
Gerade Zahnärzte, die ihre Praxis schon lange führen, fragen sich, ob eine moderne Umgestaltung wirklich einen großen Nutzen bringt. Schließlich entscheiden am Ende des Tages die fachliche Kompetenz des Zahnarztes und das Vertrauensverhältnis, das zwischen Arzt und Patient entsteht, ob der Patient wiederkommt. Tatsächlich mag sich ein Patient, der bereits seit zwanzig Jahren in die Praxis kommt, weniger an einer in die Jahre gekommenen Einrichtung stören.
Neue Patienten betreten die Praxis in den meisten Fällen allerdings zum ersten Mal virtuell auf der Webseite und verschaffen sich dort bereits einen ersten Eindruck. Eine unmoderne Einrichtung lässt dann häufig den intuitiven Schluss zu, dass auch der Arzt, seine Behandlungsmethoden und seine Technik möglicherweise nicht auf dem neuesten Stand sein könnten. Auch wenn das nicht der Realität entspricht, wird sich ein neuer Patient sehr wahrscheinlich für eine Praxis entscheiden, die einen zeitgemäßeren Eindruck macht. Gerade in der Großstadt, wo die Konkurrenz groß ist, kann ein Zahnarzt mit einer individuellen Praxisgestaltung Aufmerksamkeit erregen. Idealerweise spiegelt die Gestaltung ein Gesamtkonzept wider, bei dem alle Bereiche und Details perfekt aufeinander abgestimmt sind und die Teil der Corporate Identity der Praxis sind.
Das Erste, was dem Patienten beim Betreten der Praxis ins Auge fällt, ist der Empfangsbereich. Klarheit und Offenheit ist hier wichtig. Für den Patienten muss sofort erkennbar sein, wer seine erste Anlaufstelle ist. Gleichzeitig sollte der Bereich aufgeräumt und modern wirken und die Diskretion wahren. Eine gute Lichtführung sorgt für eine angenehme Willkommensatmosphäre. Die Verwendung von langlebigen, hochwertigen und belastbaren Materialien ist im Empfangsbereich mit seiner hohen Beanspruchung besonders wichtig. Elemente aus Glas schaffen Leichtigkeit durch Transparenz und wirken zeitlos. Eine Folierung der Außenfenster mit dem Praxislogo erleichtert dem Patienten das Auffinden der Praxis bereits von der Straße her und fördert die Corporate Identity.
Mit dem Wartezimmer kann sich der Zahnarzt am deutlichsten von seinen Konkurrenten abheben. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Ein Wandanstrich lässt sich ohne viel Aufwand alle paar Jahre erneuern und dem aktuellen Trend anpassen. Wichtiger ist es, auf einen praktischen, zeitlosen Bodenbelag und bequeme, aber klassische Stühle zu setzen, deren Austausch einen höheren finanziellen Aufwand erfordert. Besondere Bedeutung kommt den Lichtverhältnissen zu. Abgesehen vom Tageslicht sollte das Wartezimmer durch warme, am besten indirekte Lichtquellen beleuchtet werden. Unterschätzen sollte man auch nicht die Bilder an den Wänden, die viel Spielraum für individuellen Ausdruck erlauben. Darstellungen von Zähnen, anatomische Schautafeln und ähnliches haben schon seit Längerem ausgedient. En vogue ist moderne Kunst oder Fotografie. Viele Zahnärzte ermöglichen es Künstlern, ihre Arbeiten in ihren Räumen auszustellen. Sie profitieren dabei von wechselndem Wandschmuck, der dem Patienten mit jedem Besuch ein neues optisches Erleben bietet.
Das Warten soll dem Patienten so angenehm wie möglich gemacht werden. Der Patient sollte wenig vom betriebsamen Praxisalltag mitbekommen. Deshalb ist auch die Akustik ein wichtiger Baustein, der bei der Planung mit einbezogen werden muss. Ein unangenehmer Hall kann im Wartezimmer leicht durch einen Teppichboden, durch Stoffe oder Paneele an den Wänden vermieden werden.
Ein kleiner Servicebereich, in dem der Patient sich ein Glas Wasser einschenken kann, gehört heute in jedes Wartezimmer. Auch wenn viele Patienten mit ihrem Smartphone ihre eigene Unterhaltung mitbringen, sollte die Wirkung eines Sortiments an gut ausgewählten Zeitschriften nicht unterschätzt werden. Ebenso sorgen multimediale Inhalte immer häufiger für einen kurzweiligen Aufenthalt im Wartezimmer. Psychologisch verkürzen lässt sich die Wartezeit für den Patienten, indem man ihn nach einer Weile in einen zweiten Wartebereich bittet. So wird ihm suggeriert, dass er bald an der Reihe ist.
Mindestens so wichtig wie eine angenehme Wohlfühlatmosphäre für den Patienten ist eine Konzeption, die dem Zahnarzt und seinem Team ein effizientes Arbeiten ermöglicht. Für die architektonische Gestaltung einer Zahnarztpraxis gilt daher immer der Leitsatz "form follows function". Voraussetzung dafür ist ein intensiver Austausch zwischen dem Planer, dem Zahnarzt und dem Praxispersonal. An vorderster Stelle steht eine sinnvolle Anordnung der Räume. Sie muss den Arbeitsabläufen der Zahnarztpraxis entsprechen, die Wege für das Personal kurz halten und eine gute Übersicht erlauben. Während es im Eingangsbereich und im Wartezimmer um Atmosphäre und Individualität gehen darf, gelten im Behandlungszimmer strenge Vorschriften, die den Gestaltungsspielraum einschränken. Da die Farbe Weiß mit Hygiene und Sauberkeit assoziiert wird, setzen die meisten Zahnärzte in den Behandlungsräumen immer noch auf Weiß oder sehr helle Pastelltöne.
Für Arztpraxen gelten gesetzliche Richtlinien und Vorschriften, die bei der Gestaltung der Praxis eingehalten werden müssen. Wird ein Innenarchitekt beauftragt, ist es wichtig, dass ihm die Regeln des jeweiligen Bundeslandes bis ins Detail bekannt sind. Auch das schönste Konzept nützt nichts, wenn es sich nicht im Rahmen der Landesbauordnung, des Arbeitsschutzgesetzes, der DIN- und EN-Normen für Röntgenanlage und Beleuchtung und einer ganzen Reihe weiterer Verordnungen bewegt. Es müssen Brandschutzauflagen und Anforderungen an Fluchtwege, Notausgängen und Sanitäranlagen erfüllt werden. Und es gibt Vieles mehr, das beachtet werden muss. Die Auflagen an die Einrichtung einer Praxis sind vielfältig und anspruchsvoll. Es empfiehlt sich, einen Architekten zu beauftragen, der sich auf die Gestaltung von Arztpraxen spezialisiert hat, will man bei der späteren Begehung mit dem Gewerbeaufsichtsamt keine bösen Überraschungen erleben.
Nicht immer muss ein Architekt an Bord sein. Wenn die Praxis bereits den gesetzlichen Normen entsprechend eingerichtet ist, lassen sich auch mit kleinem Budget positive Veränderungen erreichen: ein neuer Fußbodenbelag, ein farbiger Wandanstrich und moderne Bilder setzen neue Akzente. Für den Wartebereich lassen sich Stehlampen anschaffen, die warmes Licht spenden.
Die fachkundige Behandlung steht an erster Stelle. Trotzdem sollten auch erfahrene Zahnärzte die positive Wirkung einer modern gestalteten Praxis nicht unterschätzen. Nicht zuletzt dadurch, dass sich Arztpraxen im Internet präsentieren, spielt für immer mehr Menschen auch die Ausstattung der Praxis bei der Arztwahl eine Rolle. Ein gelungenes Gesamtkonzept hinterlässt einen ersten positiven Eindruck, der möglicherweise neue Patienten langfristig an die Praxis binden kann.
aktualisiert am 01.04.2021